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Ich hätte auch weiß getragen

Ein Text für alle, die mitfühlen, aber nie auf der Gästeliste stehen.


Ja, das ist ja wunderbar, dass „authentisch sein“ sich gerade gut verkauft. Ist ja auch modern.

Authentic Sound – das ist das Ding. Die Leute sagen, sie sehnen sich danach. Sie wollen das hören. Sie wollen das fühlen.

Aber wehe, du sagst:
Ich bin das. Ich leb das. Ich mach das bekannt.
Dann musst du plötzlich wieder rein – in den ganzen Hochglanz-Marketing-Scheiß.
Mit Maßnahmen. Mit Storytelling. Mit Konformität.

Ich kenne das. Vor zehn Jahren schon. Damals war ich in Netzwerken, in Kreisen, überall. Und irgendwann merkte ich: Irgendwas stimmt da nicht.
Es fühlte sich nicht echt an. Vielleicht gedacht, vielleicht gefühlt – aber innerlich: Nein.

Ich bin ausgestiegen. Hab gedacht: Das war’s.

Aber es lässt mich nicht los. Weil ich merke: Es ist Zeitgeist.
Es ist wie ein Ruf – du musst doch wieder rein, weil du das kennst, weil du was zu sagen hast.

Und dann?
Bin ich wieder mittendrin.
Wieder in der gleichen authentisch-echten Hochglanz-Maschine.
Und ich weiß nicht, was ich da machen soll. Ehrlich.
Ich geb erstmal auf. Weil ich nicht weiterweiß.


Gestern: Einladung nach Südafrika – geplatzt.
Dann eine Hochzeit, hier auf Nordzypern.
Viele Leute, die ich kenne.
Wer wurde nicht eingeladen? Ich.

Rooftop-Party? Auch da: Ich bin nicht in der Gruppe.

Ja, mit weißen Leuten hab ich eh so mein Thema. Aber manchmal – da sind welche dabei, die sind wie ich. Die spüren. Die fragen. Die leben auch anders.

Und trotzdem: Ich bin außen vor.

Ich kann mich anpassen. So ist das nicht.
Ich hätte auch Weiß angezogen. Aber niemand hat gefragt.

Und heute Abend?
Stammtisch.
Ich geh hin, damit ich nicht vergessen werde.
Aber wenn’s drauf ankommt,
bin ich trotzdem allein.

Ich weiß, dass es anderen auch so geht. Die hocken auch irgendwo, allein. Mit vollem Herzen. Mit feinem Radar. Mit so viel zu geben.
Aber keiner ruft an.

Und dann sagt mir jemand:

„Du bist so klar, Dagmar.“

Ja.
Klartext, Klarblick, Klarsein.
Und dann?
Ein Like. Ein Applaus.
Aber kein Bier. Kein echter Moment. Keine Einladung.

Ich will keinen Sockel.
Ich will, dass mal jemand sagt:

*“Hey, willst du vorbeikommen?“

Und das mit dem Marketing?
Ja, ich kann. Ich kann auch die Klappe halten, mich anpassen, verkaufen, schreiben.
Aber nicht so. Nicht mehr.

Und ja, es gibt andere. Wie bei Stanisław Lem.
Die spüren was. Die wollen anders.
Aber sie bleiben hinter ihrer Glaswand. Tun so, als ob.

Und wenn du dann was bewegst,
wenn du sagst „Los jetzt“,
dann heißt es:

„Oh, sorry. Kein Termin. Muss noch was klären.“

Paragraphen. Prozesse.
Während du da sitzt.
Echtes Leben in der Hand.
Und keiner hebt ab.


Ich bin ratlos. Ja. Aber nicht machtlos.

Ich such keine Plattform, um mich anzubieten.
Ich such einen Ort, der klar sagt:

„Dort oben ist sie. Die Dachterrasse. Und sie gehört jemandem, der es ernst meint.“

Denn ich bin auch diese Dachterrasse.
Ich bin die, die sagt:

„Setz dich. Spinn rum. Sag, was dir auf der Seele liegt – ob die Erde flach ist oder dein Herz schwer. Hier darfst du.“

Und ja –
ich hätte auch gern Einladungen.
Aber nicht nur, um dabei zu sein.
Ich wünsche mir Menschen,

die spüren, dass sie genau diesen Ort gesucht haben – und die sich freuen, eingeladen zu werden.
Nicht als Zuschauer.
Sondern als Mitmensch.

Nicht Hochglanz.
Nicht Strategie.
Nur: Da sein dürfen. Echt.

Ich bin hier. Und das ist nicht die Frage.
Die Frage ist: Wo bist du?

Dagmar Thiel, Coaching für Frauen Neustart 50+ und Auswandern

2 Gedanken zu „Ich hätte auch weiß getragen“

  1. Du wirst es nicht glauben Dagmar, aber ich lese schon lange hin und wieder bei dir mit und habe somit deinen Weg, deine Reise weg aus Hamburg bis hin nach Zypern verfolgt.

    Auch hatte ich immer wieder den Impulse dir mal zu schreiben, aber… keine Ahnung. Erinnerst du dich noch an mich? Unser Freundschaftsabbruch hat mich, wie viele andere Trennungen sehr verletzt und traurig gemacht, ich empfand das als so unnötig und unverständlich, denn genau das, was du gerade hier schreibst und anprangerst, habe ich dir schon vor so vielen Jahren immer wieder angeboten. Kontakt, Begegnung, Treffen, authentisch, ehrlich, verbindlich.
    Du warst damals wohl noch nicht so weit oder dafür nicht bereit?

    Ich muss zugeben, ich bewundere zutiefst deine Kraft, Ausdauer, deinen Optimismus, Mut und verbissenen Kampfgeist. Ich staune, wozu du fähig bist und mit wieviel Positivität du ständige Krisen und Katastrophen meisterst. Auf der anderen Seite sehe ich eine Frau die ähnliches wie ich erlebt, die um ihr Glück so unglaublich mutig kämpft und immer wieder an Menschen und Umständen scheitert. Und das tröstet mich, denn dann bin ich mit diesem, meinem eigenen Scheiss also nicht alleine.

    Übrigens die Plandemie habe auch ich von Anfang an abgelehnt und durch meine Intuition und vielen tollen Aufklärern verstanden, aber sie hat mich auch gerissen. Dazu gäbe es noch unendlich viel zu sagen.

    Inzwischen bin ich sehr geschwächt und resigniert, kann kaum noch mit Menschen und ertrage diese Welt nicht mehr. Auch ich will ja schon lange auswandern und mein letzter Rettungsfaden vor dem Ertrinken, ist nun endlich Uruguay. im Dezember fliege ich hin um mich umzusehen und zu netzwerken.

    Möge mir die letzte Kraft reichen um den Wechsel zu schaffen, möge das Meer und die Sonne langsame Heilung bringen und möge ich endlich Menschen finden, die licht- und liebevoller ticken und mit Halt und Gemeinschaft schenken. Und das wünsche ich dir auch.

    Übrigens finde ich deine neue Leidenschaft ehrliche ,persönliche Texte zu schreiben toll. Du hast Talent.

    Beste Grüße aus Ham, Jeannette

    1. Hallo, liebe Eva, ja toll, dass du dich meldest, weil ich habe öfters immer mal wieder an dich gedacht, aber ich wusste nicht, wie ich auf dich zugehen sollte, weil nach unserem Rückmeldung hatte ich so den Eindruck, ich kann machen, was ich will, es gefällt dir nicht, es passt dir nicht oder es tut nicht gut. Und dass du Kontakt aufgenommen hast, das mag sein, es ist bei mir nicht angekommen, sonst hätte ich reagiert. Ich wusste nicht, wie ich von der letzten Situation aus wieder auf dich zugehen sollte.

      Und ehrlich gesagt, dann kam auch wirklich der Alltag so dazwischen, jetzt hier mit dem Umziehen, Auswandern und ehrlich gesagt, es geht wirklich auch an meine Grenzen und es ist jeden Tag eine Herausforderung. Ich wollte hier zur Ruhe kommen, Leben aufräumen und endlich mal so ein bisschen mehr ich sein, das bin ich schon, aber es ist einfach total anstrengend, auch wenn ich keinen Tag bereue. Wenn du magst, lass uns gerne telefonieren und Deutschland verlassen mit den ganzen Schwingungen, mit dem, was da gerade ist.

      Es ist eine gute Idee, ob es jetzt Uruguay, Paraguay ist, jedes Land hat seine Herausforderungen. Ich kenne viele, die da hingegangen sind, die sind jetzt wieder nach zurück, nicht nach Deutschland, sondern nach Nordzypern und manche davon gehen jetzt wieder woanders hin. Also es ist immer eine Herausforderung, aber es tut gut, mal einen Bruch zu haben.

      Ja, also das als kurze Rückmeldung, dass ich nicht den Kontakt nicht wollte, nicht bereit wird, ich wusste nur nicht, wie, weil dann die Rückmeldung, was bei mir so richtig gesessen hat, dass ich nur negativ bin und ich dich runterziehe und das wollte ich einfach nicht. So hatte ich es verstanden. Aber es ist ja spannend, wie die Interpretation oder die Wahrnehmung der Wirklichkeit so unterschiedlich sein kann und vielleicht auch genau nebeneinander oder ja, konträr ist.

      Also erstmal alles Liebe, ganz viel Kraft und vielleicht bis bald. Ja, würde mich freuen.

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